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SMS – und die Auswirkungen auf unsere Beziehungen

Es ist eine Angewohnheit geworden, dass wir immer mehr dazu neigen, den persönlichen Wortwechsel einem Smartphone via SMS zu überlassen. Der echte Nutzen oder der Spass an Kurznachrichten ist natürlich zweifelelsohne eine tolle Errungenschaft dieser Zeit. Doch ist dieser Nachrichtendienst mangels Mimik, Gestik und Tonfall im Kontext von Beziehungsklärung doch immer noch eher ungeeignet.

Als wäre wertschätzende Kommunikation von Mensch zu Mensch nicht schon komplex genug, so meinen viele, diese gerade in ungeeigneten Kontexten auf eine SMS beschränken zu können. Wie oft erfahre ich in Gesprächen über diverse Inhalte von SMS mit dem Partner oder anderen Personen, die zu unnützen oder verletzenden Konflikten führen, welche ein persönliches Gespräch hätte vermeiden können.

Ich nehme vorweg, dass ich selbst sehr gerne SMS verfasse, sofern ich Lust und Zeit dazu habe. Das mag wohl daran liegen, dass ich grds. gerne schreibe und auch schon früher gerne Briefe schrieb. Doch für einen solch intensiven Austausch war eine SMS im Grundgedanken nie angelegt.

So ist es auch eine Erleichterung für mich, dass die ursprünglich 160 Zeichen im Zeitalter von Whats-App & Co. der Vergangenheit angehören. Doch SMS steht noch immer für Short-Message-Service und war eigentlich dazu gedacht, kurze wichtige Info´s abzusetzen.

Der ursprüngliche Konzeptvorschlag für einen Short Message Service wurde von Angehörigen der  damaligen Deutsche Bundespost und der PTT, dem Vorgänger der France Télécom 1984 erarbeitet.  Die Länge einer SMS wurde auf 160 Zeichen festgelegt, weil die “Ideengeber” festgestellt hatten, dass praktisch alle Postkarten und Telexe weniger als 160 Zeichen enthielten. (Quelle: Wikipedia)

So hat die Kommunikation über SMS tatsächlich für eine neue Sprache im Bereich der Abkürzungen gesorgt. Jeder kennt sie, wie z.B. hdl, LG, cu, lol, OMG usw. Solange es um lustige Botschaften oder liebevolle Nachrichten geht, kann jeder damit umgehen.

Doch mal ehrlich. In der Kürze liegt aber nicht immer die Würze.

Wie steht es also um die Inhalte, die Ihnen unangenehm ans Herz gehen, Sie ärgern und die Sie lieber loswerden statt wirklich kommunizieren möchten, aber das persönliche Gespräch scheuen? Da ist tippen immer noch einfacher als reden. Denn hier hat sich bei uns Menschen nichts verändert und es ist noch so wie vor vielen Jahren. Der persönliche Kontakt macht einen enormen Unterschied aus. Jemanden ansehen oder anhören und etwas ausdrücken hat eine andere Intensität und erfordert mehr Feingefühl, persönliche Reife und echtes Interesse an sich selbst und am Anderen.

Das ist der Preis den man zahlt. Der Gewinn ist aber u.U. eine gerettete Freundschaft, eine um eine Erfahrung bereicherte Liebesbeziehung oder einfach eine Erkenntnis oder Inspiration durch den regen Austausch mit einem anderen Menschen.

Früher habe ich Briefe geschrieben, wenn ich meinem Adressaten Zeit geben wollte, um über ein paar Dinge wirklich mal nachzusinnen und sie wirken zu lassen. Da war ein Brief aber auch Tage unterwegs und man war dazu gewzungen es mal auszuhalten, dass eine Antwort Ihre Zeit brauchte. Das ist auch gut so, denn alleine schon die nächtlichen Verabeitungsprozesse sind Gold wert, um wirklich etwas verarbeiten zu können und ggf. auch andere Perspektiven und Einsichten zu gewinnen.

Im Zeitalter von SMS könnte man sich zwar auch diese Zeit nehmen, doch der Erwartungsdruck auf eine schnelle Antwort ist relativ gross geworden und so ertappe ich mich selbst auch oft genug, mich sofort zu einer Antwort hinreissen zu lassen.

Beziehungsklärung via Short-Message ist auch eine sportliche Aktivität für Beziehungsjunkies geworden. Wer keine Lust auf einen echten Austausch hat, so richtig mit Sprache und sich treffen, sich anschauen, hinspüren und die Mimik und Gestik mit dem zu vergleichen, was das Gegenüber äussert, ist natürlich gut bedient, wenn er den Short-Message-Service auch als solchen nutzt, um kurz mal zu erwähnen, dass es bis jetzt nett war..morgen nicht mehr mitgerechnet. Und hier meine ich nicht das “Ghosting”, also der plötzliche Rückzug ohne Vorankündigung. Ich meine hier den Versuch, sich mit einer SMS aus einem Beziehungskonflikt heraus zu stehlen oder gar eine Klärung der Beziehung durch eine SMS herstellen zu können.

Eine abgesetzte Nachricht muss der Empfänger immer verarbeiten. Und dazu braucht man Zeit und Lust und inneren Raum. Technische Schnelligkeit ist nur die eine Seite der Medaille, die andere ist unser Gehirn und unser emotionales System.

Ebenso fraglich ist für mich, ob die Qualität einer Beziehung unbedingt von einer SMS-Quantität abhängt und dem Intervall, in der solche Nachrichten möglichst eingehen sollten. Ab wann ist also eine Freundschaft eine gute Freundschaft oder ein Beziehungspartner ein guter Partner? Wenn mindestens eine oder zwei SMS pro Tag oder pro Woche eingehen oder sollten es mehr oder weniger sein?

Über dieses wirklich tolle technische “Gimmick” sollten wir uns doch eigentlich freuen können und nicht ärgern müssen und schon gar nicht entzweien. So lade ich Sie einfach mal dazu ein, Ihre Werte in Sachen Kommunikation über SMS zu überdenken und mit den Freunden und dem/der PartnerIn zu kommunizieren, dass Ihr Antwort-/Zeit-Verhalten nichts mit der Qualität der Freundschaft oder Beziehung zu tun hat. So entstressen Sie Ihre Zeit und erfahren gleich mehr über die Intensität einer Beziehung.

Nur weil wir “mal eben” eine SMS absetzen können, heisst das eben noch lange nicht, dass es immer dafür Zeit gibt oder ein Anspruch darauf besteht. Manchmal reisst durch ein automatisiertes “mal eben”-Antwortverhalten  der allerwichtigste Kontakt am ehesten ab. Der zu sich selbst.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude an schönen oder lustigen Kurznachrichten und viel Nutzen durch interessante Info´s. Aber überdies auch den Energie- und Erkenntisaustausch durch das persönliche Gespräch mit den Menschen, die Sie schätzen.

 

 

 

 

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